Alice im Iconland

ALICE IM ICONLAND

Theaterhaus Stuttgart, Premiere 26.02.2013
Tanztheater für Kinder ab 10 Jahren

„GIB MIR EINEN NAMEN, GIB MIR EIN GESICHT, GIB MIR EIN BILD VON MIR UND HALT MICH FEST. BEVOR ICH MICH VERWANDLE, STECK MICH IN EINEN RAHMEN […] (Roland Schimmelpfennig)

ALICE ist ein Mädchen, vielleicht eine Superheldin???
Von den Regeln und Vorschriften ihres Alltags genervt und irritiert, folgt sie dem weißen Kaninchen in das WUNDERLAND der Virtualität.
Es ist schön dort und bunt und anders…aber ist es auch BESSER?
Alice erfährt, dass man auch hier von ihr in erster Linie ANPASSUNG erwartet, damit sie dazu gehören kann. Warum kann sie nicht einfach ALICE sein und bleiben? Warum ist die Verwandlung der Raupe zum Schmetterling so leicht und doch so schwer?

Choreografie/Regie: Nina Kurzeja
Bühne/Dramaturgie: Bernhard M. Eusterschulte
Visuals: Uwe Kassai
Musik: Scott Roller und Roderik Vanderstraeten
Licht: Ingo Jooß
Produktionsleitung: Gordana Ancic
Plakat: Kleon Medugorac
Mit: Tom Baert, Asa Fanney Gestsdottir, Luis Hergón, Cedric Huss, Diane Marstboom, Kira Senkpiel, Scott Roller und Roderik Vanderstraeten.

Facebook statt Wunderland, computergenerierte Bilderflut statt eigener Fantasie? Spätestens wenn ein lebensgroßes weißes Kaninchen durchs Auditorium schleicht, befinden wir uns mittendrin in Lewis Carrolls berühmtem Kinderbuch von 1865, das die Stuttgarter Choreografin Nina Kurzeja keineswegs in der Cyberwelt aufgehen lässt. Die Aufführung im Stuttgarter Theaterhaus, die ab 10 Jahren empfohlen wird (und garantiert den Eltern noch mehr Spaß macht), verbrämt „Alice im Wunderland“ mit Anleihen aus dem Internet und mit tollen Visuals, wie die computeranimierten Videoprojektionen heute heißen, aber sie behält all die Poesie der Vorlage und deren absurden Witz.

Im Icon-Land ist Alice nicht mehr das kleine Mädchen mit der Schleife im Haar, sondern ein Teenager von heute: aufmüpfig, frech und aufbrausend aggressiv, wo sie sich unverstanden fühlt. Aber auch hier jagt sie dem weißen Kaninchen hinterher, fällt im Garten in ein Loch, schrumpft und wächst ins Riesige, trifft auf die merkwürdigsten Figuren: den sprachlich verspulten Hutmacher, die Raupe mit den vielen Händen und zwei aufreizend-hilfreichen Schmetterlingen oder eine Herzkönigin auf Mörderabsätzen.

ZERFLIESSENDE UHREN

Jede Station wird mit einem Button angeklickt, es ist wie Surfen durchs Kinderbuch, auf der nächsten Seite lauert die nächste Überraschung. Mit kindlicher Fantasie und erwachsener Ironie haben Uwe Kassai und Robert Dziabel die Computerprojektion erstellt: zerfließende Uhren, wachsende Rosenhecken, der wilde Strudel eines entstöpselten Abflusses. Der rückwärtige Prospekt ist eine Art Touchscreen, die Projektionsfläche für Alice.

Jazzig, nachdenklich oder fröhlich dahintrappelnd machen Scott Roller und Roderik Vanderstraeten die Musik dazu, mit Gitarre, Cello und jeder Menge exotischer Percussion. Roller entreißt seinem elektrisch verstärkten Cello das schärfste Riff seit „Smoke on the water“, fast alle zehn Mitwirkenden singen auch. Das musicalische Tanz- und Bewegungstheater erinnert in seiner bilderreichen Verschrobenheit an Bob Wilsons „Alice“-Musical, das er einst fürs Hamburger Thalia-Theater kreierte. Wie schon früher brilliert Kurzeja dabei wieder als Regisseurin, die mit Ironie und visueller Fantasie sämtliche theatralische Mittel zum Gesamtkunstwerk integriert.

Getanzt wird in den unterschiedlichsten Stilen, vom minimalistischen Hasen-Rap bis zum „Cats“-mäßigen Showtanz der Grinsekatze, Alice vereint in einem kurzen, heftigen Solo doch tatsächlich Gangnam-Style und „Schwanensee“. Der langsame Tango mit dem Hutmacher mündet in eine klassisch-britische Teaparty, den Höhepunkt des Abends, so exzentrisch, verspielt und herrlich komisch benehmen sich die feinen Herrschaften. Als Alice lässt Kira Senkpiel unter den letzten Resten des süßen kleinen Mädchens immer wieder die verzweifelte Orientierungslosigkeit einer Heranwachsenden aufblitzen. Und doch kann sie, welch schöner Schluss, am Ende das Geheimnis des weißen Kaninchens ergründen.

Scott Roller (Alice im Iconsland)

Roderik Vanderstraeten (Alice im Iconsland)

Fotos: Yakup Zeyrek

Das Projekt ALICE IM ICONsLAND wird gefördert vom Kulturamt Stuttgart und dem Landesverband Freier Theater Baden-Württemberg e.V. aus Mitteln des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst. In Kooperation mit dem Produktionszentrum Tanz und Performance e.V.

GASTSPIELE
Ulmer Tanzfestival 2013 – 06.07.2013 20:00 Uhr

Tanz- und Theaterwerkstatt Ludwigsburg, Kleine Bühne, Kunstzentrum Karlskaserne, Termin: 14.09.2013, 19:00 Uhr, Weitere Termine:
15.09.2013, 17:00 Uhr, 16.09.2013, 11:00 Uhr, 17.09.2013, 11:00 Uhr